Sonntag, 30. September 2018

Für einen friedlichen Umgang mit Krebs

Killerzellen greifen den Körper an. Aus dem Hinterhalt überfallen sie ihn und entwickeln sich über Jahre hinweg unbemerkt. Bösartige Tumoren machen sich im Organismus breit, Schreckensmonstern gleich, die einen langsam von innen auffressen. Das ist die heute geläufige Vorstellung von Krebs.

Mit diesem Bild vor Augen begab ich mich 2012 nach meiner Diagnose Brustkrebs in die Schlacht. Dem Bösen, dem Entarteten in mir wurde mit scharfer Artillerie zu Leibe gerückt. Es wurde vergiftet, verbrannt, herausgeschnitten: Chemotherapie, Radiotherapie, chirurgischer Eingriff.

An meiner Seite kämpften Heerscharen von Spezialisten. Keiner von ihnen konnte mir garantieren, dass die Strategie anschlagen würde. Jeder Mensch ist anders, versicherte man mir, während man mir eine Behandlung zukommen ließ, die bei Millionen Menschen angewendet wird. Zusammen konnten wir nur hoffen.

Mehr als die Hälfte aller an Krebs erkrankten Patienten überlebt schon die ersten fünf Jahre nicht. Viele erkranken nach dieser Frist an Zweittumoren oder an den Folgen der aggressiven Behandlung. Die Therapie selbst ist hoch krebserregend und kann das Immunsystem dauerhaft schädigen.

Meine Überlebenschancen lagen bei 90 Prozent, sagte man mir. Aber verschwieg, dass sich diese Aussicht auf fünf Jahre bezog. Man klärte mich ebenfalls nicht über die möglichen langfristigen Nebenwirkungen auf: Erhebliche Organschäden, Herzprobleme, Gedächtnisverlust, dauerhafte Nervenschädigungen, unter vielen anderen.

Heute, sechs Jahre später, bin ich am Leben. Und mit mir der Gedanke an das Rezidiv. Denn nur selten spricht man bei Krebs von dauerhafter und endgültiger Heilung. Das Böse in mir kann wiederkommen. Regelmäßige Kontrollen sollen das vermeiden. Verhindern können sie es nicht. Wie sollte ich mit dieser Aussicht weiterleben? Ein Artikel in Ethik Heute.