Mittwoch, 15. Januar 2025

Wenn die wilde Göttin uns den Weg weist

Als Verführerin der Männer gilt sie, als Schutzgöttin der Dirnen, Alptraum der Wöchnerinnen, Inbegriff der emanzipierten Frau. In vielen Überlieferungen ist sie das Negative schlechthin: dunkel, frustrierend, kriminell, katastrophenhaft, abnormal, vergiftend – eine Übeltäterin im schlimmsten Sinne. Kein Wesen der jüdisch-christlichen Mythologie wird so konträr rezipiert wie die rebellische Vorgängerin Evas. Ihr Mythos ging um die Welt. Sowohl bei semitischen wie auch nichtsemitischen Völkern taucht sie auf, bei Babyloniern und Assyrern, Juden und Arabern, Sumerern und Hettitern. Aus griechisch-byzantinischen, koptischen, äthiopischen, armenischen, syrischen, neugriechischen, südslawischen und russischen Legenden ist sie bekannt, denen allen eines gemeinsam ist: die Erzählung von einem gefährlichen weiblichen Dämon, der von einem oder zwei überlegenen männlichen Heiligen oder von einem Propheten überwältigt, unschädlich gemacht und schliesslich vertrieben wird. Ein Artikel im Zeitpunkt